Freitag, 30. März 2007

Überrannt

Es hat in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Urteile - sogar bei Mord - gegeben, die Täter im Namen "anderer Sitten" bzw. eines anderen "Kulturkreises" milder verurteilt oder gar freigesprochen haben. Vor dem Hintergrund der Sensibilisierung der letzten Zeit, auch wegen "Ehrenmorden", ist ein so offener Verstoß gegen das geltende Rechtssystem durch eine deutsche Richterin allerdings nun doch überraschend.
Es ist nicht nur überraschend. Der Aufschrei, auch von muslimischer Seite, zeigt dass die Demokratie firm ist. Derartige Ausnahmen (auch wenn sie übertrieben wurden) werden nicht durchkommen.

Denn das geltende Rechtssystem wird seit langem systematisch von islamistischen Kräften unterwandert. Auch und gerade Konvertiten sind da sehr aktiv.
Konvertiten? Ja, da muss ich Recht geben. Gerade "Neu-Muslime" ind doch sehr radikal. Zum Beispiel waren die Auslöserinnen der Kopftuchdebatte an den Schulen konvertierte Lehrerinnen. Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (der sich gern zum Sprachrohr aller hochstiliesiert) ist ein Konvertit.
Aber warum dieser Eifer? Meine These lautet Unsicherheit und Überheblichkeit. Unsicherheit, weil man meist ganz allein diesne Schritt tat, ohne entsprechende kulturelle Verankerung und vielleicht auch mit Halbwissen. Überheblichkeit, da jeder, der eine "neue" Ansicht propagandiert, von ihrem Universalitätsanspruch überzeugt ist.

Vielleicht sollte via Schulungskursen klargemacht werden, dass die Menschenrechte nicht relativierbar sind und unsere Gesetze auch für MigrantInnen gelten.
Vielen Dank!

Und das gilt nicht nur für sie, sondern für Tausende von Frauen aus dem muslimischen Kulturkreis, deren Menschenrechte selbstverständlich ebenso geschützt werden müssen wie die unseren.
Es ist gut, dass sich der Feminismus nicht nur auf nationaler Ebene bewegt. Aber man kann "den muslimischne Kulturkreis" nicht generalisieren: Viele Nah-Ost-Länder waren äußerst modern, bis Krisen aufkamen. Dann aber dient der Qur'an als Alibi für Menschenrechtsverletzung und Oppression.
Dann, in Zeiten von Verunsicherung und "alleingelassenfühlen" beruft man sich auf die Religion als Halt und Maxime. Mit oft schlimmen Folgen. Dann kommt es u.a. zu der selben Frauenunterdrückung (vielleicht äußert sie sich anders) wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten in Europa üblich war. Und überhaupt: Wer kümmert sich um christlichen Fundamentalismus?Aber "muslim-bashing" wird den "Westen" nicht beliebter machen...
Marokko ist noch eigentlich, was die Gesetze betrifft ein verhältnismäßig liberales Land.

goth is what you make it

Ein Freund hat mir ungefragt einen ganzen Stapel CDs geliehen. Natürlich bin ich neugierig und höre sie mir an. Sehr gewöhnungsbedürftig, aber einige gute Sachen sind dabei. Zu nennen wären Client, Lacuna Coil, Leaves' Eyes, Emilie Autumn, Hocico, Iamx und ein paar Compilations. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mir mal solche Musik anhören würde. Mein Mutter wohl auch nicht, denn als sie in mein Zimmer kam, weiteten sich ihre Augen und sie verließ wortlos das Zimmer, um dann auf Arabisch schimpfend (nun, ich habe sie nicht richtig gehört, die Musik, versteht ihr?) durch das Wohnzimmer zu laufen. Einer meiner Brüder springt im Takt(oder auch nicht, er ist in etwa so musikalisch unbegabt wie ich) auf meinen Bettsofa, ich hoffe es geht nicht kaputt. Es ist sowieso Linkin Park geschädigt und ich bin schuld.

Aber wenn Mutter sich beschwert - was soll ich denn hören? Etwa Tarkan und Co. die nur über "last night", "shake your hips" oder "I feel your skin on my sweating body" singen?

kirche live und in farbe

Ich war noch nie in meinem Leben in einer christlichen Kirche. Bis letzten Sonntag. Ich war krank gewesen bei der Exkursion des Ethikunterrichts in das evangelische Kirchengebäude, an dem ich morgens immer vorbeifahre und an dessen Seite ein großes Banner mit Regenbogen, obligatorischem Fisch und "Jesus liebt dich"-Aufschrift hängt.

Diesmal ist es allerdings eine Andere: Ein rotes Steingebäude mit einem unglaublich penetrant lautem Glockenschlag, der jeden Muezzin übertönen würde. Es ist Sonntags und 10 Uhr. Eine Vielzahl Menschen, darunter viele Kleinkinder, strömt in die Kühle des Hauses. An der Tür steht ein Pfarrer/Pastor/Priester/Kleriker*, jedenfalls ein schwarzgekliedeter Kirchenmann mit frappierender Ähnlichkeit für Rüdiger Hoffmann und schüütelt jedem die Hand. Auf einmal macht die Grippezeit den Deutschen nichts aus. Glauben stärkt - auch die Abwehrkräfte?

Vor den Bänken steht ein kleines Mädchen mit schüchternem Blick und einem Stapel grüner Bücher. Ich bezweifele, dass man hier Bibeln verteilt. Sie blickt mich verwirrt und erwartend an. Ich lächele schief und gehe weiter. Beim Beobachten der Ankommenden dämmert es mir, dass ich dennoch eines der Bücher brauchen werde, zumindest nimmt jeder eins. Die Bänke unterscheiden sich in (Un)Bequemheit kaum vom Knien. Neben mir sitzen einige alte Damen mit geklöppelten Mützen auf dem Schoß. Ich schlage den grünen Band auf. Noten. Ein Gesangsbuch. Irgendwas mit Burgen, Zion, Zebaot und Estomihi. Ich habe Latein gelernt, aber ohne Kontext sagt mir das Letztere nichts. Ich werde von der Seite beobachtet. Als ich mich hinwende, erhalte ich ein aufmunterndes Lächeln.
Mittlerweile habe ich auch kapiert, wofür die Zahlen auf die Tafel stehen.
Nun beginnt das große Spektakel (verzeiht mir den Ausdruck): Der P/P/P/K tritt vor, begrüßt die Anwesenden (schon wieder?), ruft due Kleinen nach vorne, verspricht ihnen Gottes Segen, sie schreiten angeführt von einer Älteren in einen Nebenraum. Sie sehen wirklich so aus, als hielt Jesus sie an der Hand.
Wir singen, ich erkenne wieder einmal, dass ich problemelos tief und hoch singen kann, aber nichts dazwischen. Die Häkeldamen sind anscheinend sehr fromm oder im Kirchenchor, sie brauchen das Buch nicht. Ich schon, aber ich finde die Seite nicht, bis mir meine Nachbarin sie zeigt. Ob sie sich wohl über meine Dummheit amüsiert hat? Ich überlege hin und her, ob ich Gottesnamen mitsingen soll. Ist das kindisch? Oder fundamentalistisch? Dann hält eine Frau die Predigt. Sie erzählt von Wasser, Jesus am Brunnen, Ausgrenzung, sozialen Randgruppen, Unterschicht, Durst.Ich versichere mich noch einmal, es ist keine Soziologievorlesung. Wir singen wieder. Dann stehen alle auf, ich beeile mich es ihnen gleichzutun. Das VaterUnser kann ich auswendig, aber das Glaubensbekenntnis, nun -
außerdem wäre es Heuchlerei.
Ich konstatiere: Das islamische ist weitaus kürzer.
Dann halten alle inne, senken die Köpfe und - beten. Im Stehen. Ich würde ja entweder die Arme über die Brust legen oder an der Seite lassen, aber vor den Bauch - wie die Fußballspieler?
Zum Glück ist diesmal kein Abendmahl, ich habe mir von einer tiefchristlichen Freundin sagen lassen, dass dann ein Becher mit Wein herumgegeben wird. Actimel wäre vielleicht in dem Fall sinnvoller. Und überhaupt, supper um 11?

Nun, es war interessant. Ich allerdings noch nie einen Christen in einer Moschee gesehen.


*Könnte mir jemand mal die Unterschiede erklären?

Pigs might fly

Frau P.s Wohnung riecht nach Hautcreme und Lufterfrischer. Vor der Haustür wurden wir von einen "Willkommen"-Vorleger begrüßt. Auch sonst ist die Wohnung der älteren Dame typisch eingerichtet: Eine alte Anbauwand in Kastanie. Tulpen . Häkeldeckchen. Eine dieser "Drehuhren".
Ein Kuriosum: Ein goldenes Schokoladenkaninchen, dessen Haltbarkeitsdatum 1998 ablief. Im Bad findet sich, was ich eine "deutsche Toilette" nenne - ein Hochspülbecken, also ein Klobecken mit einem Absatz innen drin. Ob man dann freudestrahlend seine Exkremente bewundern kann, oder sorgenvoll nach Anzeichen einer Krankheit sucht? Ich habe es noch nicht erfahren.

Frau P. hat bereits das Essen zubereitet. Hausmannskost. Warum das so heißt, ist mir schleierhaft (;-) ), müsste es nicht eigentlich Hausfrauenkost genannt werden? Kartoffeln, Mischgemüse - als "Leipziger Allerlei" erhältlich das ich nicht im geringsten leiden kann - und Fleisch. Der Prolog ist nun zu Ende, hier beginnt die eigentliche Geschichte.

Frau P., ihr Essen riecht sehr gut. Ist das eigentlich Schweinefleisch?
Ich war extra beim Fleischer. Das ist Qualitätsware. Aber die haben die Preise schon wieder erhöht, diese Abzocker...
Nun, ja, ähm...Aber von welchen Tier ist das Fleisch?
Früher haben wir gegessen, was auf den Tisch kam. Da konnte sich keiner beschweren. Aber heutzutage...die Leute, gerade die jungen, haben ihren ganzen Respekt verloren...
Sie häuft mir eine Portion Gemüse auf den Teller. Dann hält sie inne, besieht das Werk und löffelt noch vom Allerlei mehr darauf.
Ich kann ja ihren Unmut nachvollziehen...aber ich will ja nur wissen, ob das Schweinefleisch ist.
Und dann diese mageren Mädels...essen viel zu wenig. Noch nicht mal ein bisschen gutes Fleisch. Eine Schande...
Ich seufze leise.
Wissen Sie, ich bin Muslimin...Die Sache ist nur, dass ich wegen des Glaubens kein Schwein esse.
Schon gut. Meiner Gastgeberin zuliebe habe ich schon fast das ganze Gemüse und die Kartoffel gegessen. Das Fleisch liegt unberührt da. Es ist definitiv Schwein. Irgendwo bin ich konsequent. Obwohl ich so gut wie kein Tier esse, nur manchmal Lamm zu Feiertagen.
So was, nee. Was es nicht alles gibt. Das hätte es früher nicht gegeben*. Das ist wie bei den Inder, ne, die essen auch das Viehzeuch nicht.
Naja, gut. Es sind Rinder.

Es ist nicht leicht. Besonders wenn man es schwer nimmt.

* Nein? Kein Fanatismus in Europa? Nie?

Underneath the Veil

Denken und Glauben

Wo Verstand ist, da braucht es nicht viele Worte

Nicht jeder, der einen Bart trägt, ist schon ein Weiser. (arab. Sprichwort)

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