Streng religiös

28 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime bezeichnen sich als streng religiös.
Wenn dies die Befürwortung der sharia bedeutet, dann Gnade uns Gott. Ich akzeptiere keine Theokratie von selbsternannten Gelehrten, die als beste Tat das Auswendiglernen des arabischen Qur'ans vorweisen können. Bevor jetzt eventuelle muslimische LeserInnen (von den 28%?) die Hände vor die Augen schlagen, möchte ich aussagen, dass ich auch „streng gläubig“ bin. Glauben lässt sich aber nicht messen, sondern nur an Taten festmachen. Deshalb ist die naive Aussage, dass Islam nicht Terror oder Krieg bedeutet, weil im Qur'an oder sonst wo etwas anderes steht oder Muhammad etwas anderes beabsichtigte, einfach falsch. Wenn Muslime in ihrer Religion Elemente finden, die Gewalt rechtfertigen und sie dementsprechend anwenden – was ist das dann, wenn nicht Religion?

Doch halt, streng religiös klingt nach dem gedankenlosen Befolgen archaischer Regeln, die von den Eltern eingetrichtert wurden – wenn nötig mit etwas Gewalt. Ich muss mich korrigieren – ich bin „aufgeklärt konsequent gläubig“. Ich lasse mir nicht von bärtigen imamen, ayatollahs oder ulumas befehlen, was ich zu tun habe oder mir von enthusiastischen Konvertiten eine politische Richtung vorschreiben. Religion muss zum Wohl aller dienen („Jedes Wesen ist perfekt geschaffen“, „Lebe in Frieden mit deinen Nachbarn“, „Vor Gott sind Mann und Frau gleich – da alles vor Gott geschieht, gibt es in keinem Bereich Unterdrückung“), auf dem freien Willen beruhen („Es darf keinen Zwang in der Religion geben“) und das Wachstum („Es ist die Pflicht eines Mannes und einer jeden Frau, nach Weisheit zu streben“) sowie die Verbreitung(„Lehrt, und hört zu!“) von Wissen fördern.*

Die Unterwerfung unter Allah ist der einzige Gradmesser für Tugendhaftigkeit eines Menschen – doch es zählt die Absicht dahinter. Angst vor göttlicher Strafe und der Versuch, Allahs Gunst zu erlangen sind egoistische Gründe! Deshalb müssen wir erkennen, warum eine Tat gut ist und wann etwas verboten ist, nicht nur kopflos irgendwelchen Gesetzen folgen. Das setzt Diskussion über Religion, Praxis und Normen voraus. Deshalb ist kontextuelle Interpretation der Liturgie nötig.
Der Islam ist kein starres Gebilde, sondern ein dynamisches Gesellschaftssystem.

Demzufolge müssen wir uns unter anderem folgende Fragen stellen:
- Was ist der Sinn eines Kopftuches, wie stark war überhaupt die im Qur'an erwähnte Verhüllung, für wen gilt sie, ist sie noch nötig, was bedeutet eigentlich bescheidene Kleidung? (Die Antworten hierfür findet ihr in meiner Artikelreihe über das Kopftuch, noch im Aufbau.)
- Wie ist das tatsächliche Verhältnis der Geschlechter?
- Wem dient welche (angeblich) Machtzuweisung?
- Welche politische Systeme sind möglich oder empfohlen?
- Was bedeutet es in einem Staat mit Gesetzen zu leben? Was wäre ein „Islamischer Staat“? Was ist mit Säkularismus?
- Was ist mit Menschenrechten?
- Was ist der Hintergrund der Nahrungsvorschriften?
- Wann ist Gewalt überhaupt erlaubt? Was sind die Ausnahmen?
- Ist Terror wirklich gerechtfertigt? Ist die Definition von Terrorismus eine Frage des Standpunkts? Was sind die alternativen Taktiken?

Die wichtigste Frage: Was ist der „Geist“ des Islam, welches sind die Kernbotschaften? Nur mit diesem Hintergrundwissen sind Analogieschlüsse, in der Moderne dringend erforderlich, erlaubt!
In diesem Sinne: ijtihad (unabhängige Vernunft) anstatt jihad (Gewalt im Namen des Glaubens)!

*Die Aussagen in Anführungszeichen sind keine direkten qur'anischen Zitate sondern nur authentische Zusammenfassungen bestimmter Botschaften – ohne jegliche ursprüngliche Interpretation.

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Wo Verstand ist, da braucht es nicht viele Worte

Nicht jeder, der einen Bart trägt, ist schon ein Weiser. (arab. Sprichwort)

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